Beim illegalen Sprayen und Scratchen riskieren Jugendliche, dass sie straf- und zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Oft genug setzen sie sogar bei Sprühaktionen auf Brücken und Bahnanlagen ihre Gesundheit aufs Spiel. Für viele Eltern ist das Thema Graffiti daher Anlass zur Sorge.


Sprechen Sie mit JugendlichenSprechen Sie mit Jugendlichen

Normabweichendes Verhalten tritt bei Jugendlichen häufig auf. Diese Entwicklung gehört - in unterschiedlicher Ausprägung - zum Sozialisationsprozess und ist bei den meisten Jugendlichen eine vorübergehende Erscheinung. Nicht jeder, der mit Spraydosen experimentiert, steht am Beginn einer kriminellen Laufbahn. Zwischen Sympathisanten, Gelegenheitssprayern und dem harten Kern der Graffiti-Szene liegt ein weites Feld, bei dem man differenzieren muss. Das Einstiegsalter der illegalen Sprayer liegt bei etwa 13 bis 14 Jahren. Solange die Jugendlichen noch nicht zu stark mit der illegalen Graffitiszene verwurzelt sind, ist die Aufklärung über die Folgen und Gefahren besonders Erfolg versprechend!


Haftung der ElternHaftung der Eltern

Eltern haften für ihre Kinder

Eltern haften für ihre Kinder! - Dieser Hinweis ist auf vielen Baustellentafeln zu lesen. Viele, die dies gelesen haben, gehen daher davon aus, dass Kinder und Jugendliche grundsätzlich nicht für die von ihnen verursachten Schäden haften. Dies ist allerdings falsch. Die Haftung der Eltern gilt nicht für den Anspruch auf Schadensbeseitigung, bspw. bei Schäden durch Sprayen, wenn ein Jugendlicher vorsätzlich und mit der zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehandelt hat. (siehe § 828, § 823 BGB). Die Haftung setzt in der Regel mit dem 7. Lebensjahr ein. Eltern haften in der Regel nicht für Schäden, die ihre Kinder durch das Sprayen verursachen.


Der Geschädigte kann einen gerichtlichen Titel gegen den minderjährigen Jugendlichen erwirken. Hiermit sichert der Geschädigte sich sein Recht auf die Haftung bzw. auf Kostenerstattung über einen Zeitraum von 30 Jahren. Voraussetzung für die Haftung der Jugendlichen ist, dass der Jugendliche die notwendige Einsicht hat und das 7. Lebensjahr vollendet hat. Eine Ausnahme besteht, wenn die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind. Dies muss jedoch im Einzelfall festgestellt werden.


Kostenlose Rechtsberatung im Jugendzentrum EfzetKostenlose Rechtsberatung im Jugendzentrum Efzet

Sollten Bad Vilbeler Jugendliche Probleme bekommen, können sie im Jugendzentrum Efzet eine kostenlose Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Drei ehrenamtliche Anwälte stehen den Jugendlichen ehrenamtlich zur Verfügung. Es gibt neben dem illegalen Sprayen noch weitere Möglichkeiten, sich Ärger einzuhandeln. Um Ärger zu vermeiden, vermitteln die städtischen Jugendzentren und Jugendclubs eine kostenlose Rechtsberatung. Die Bad Vilbeler Rechtsanwälte Jürgen Wiegand (Strafrecht), Uwe Schang (Zivilrecht) und Stefan Fink (öffentliches Recht) stehen den Jugendlichen beratend zur Seiten, Efzet-Leiter Thomas Kahler stellt den Kontakt her und vermittelt.


Unerlaubte Handlungen (BGB §§ 823–853)Unerlaubte Handlungen (BGB §§ 823–853)

Gesetze

§ 823 Schadensersatzpflicht: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.


§ 828 Minderjährige und Taubstumme: Wer nicht das siebte Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat. Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist – sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist – für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei Begehen der Straftat nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.


Wertvolle Tipps für ElternWertvolle Tipps für Eltern

Sprayer

1. Suchen Sie ein Gespräch mit Ihrem Kind, das von Vertrauen und Respekt geprägt ist.
2. Setzen Sie sich mit dem Thema Graffiti auseinander. Denken Sie über Ihre Jugend nach und die Frage, ob Ihre Probleme von den Erwachsenen immer ernst genommen wurden. Haben Sie alle Grenzen, die Ihnen gesetzt wurden, akzeptiert?
3. Klären Sie Ihr Kind über die Folgen des illegalen Graffiti auf (Schadensersatzansprüche, Straftaten). Nutzen Sie die Informationsmöglichkeiten von Jugendamt oder Polizei.
4. Schützen Sie Ihr Kind nicht vor unangenehmen Entdeckungen. Besprechen Sie Probleme mit Ihrem Kind.
5. Durchsuchen Sie nicht einfach das Zimmer Ihres Kindes. Ihr Kind braucht eine Intimsphäre.
6. Eltern sollten wissen, wo Ihre Kinder übernachten. Die Jugendlichen nutzen vor allem die Nachtzeiten für ihre illegalen Sprayaktionen.
7. Wird Ihr Kind beim illegalen Sprayen erwischt, setzen Sie sich mit den Geschädigten zusammen und prüfen Sie die Möglichkeit einer Schadensregulierung. So kann eine strafrechtliche Verfolgung verhindert werden. Ein Gespräch zur richtigen Zeit kann Folgekosten ersparen. Bei einem Gespräch sollte Ihr Kind anwesend sein und sich beim Geschädigten entschuldigen. Verhandeln Sie mit dem Geschädigten ggf. eine Ratenzahlung aus.
8. Zeigen Sie Ihr Kind nicht bei der Polizei an, denn Sie verlieren sonst sein Vertrauen.
9. Wenn Ihr Kind bereits eine Anzeige erhalten hat, wird Ihr Kind - sofern es strafmündig ist - als Beschuldigter im Strafverfahren vernommen. Jeder Beschuldigte hat das Recht seine Aussage zur Sache zu verweigern. Bedenken Sie, dass bei klarer Beweislage die Einstellung des Ermittlungsverfahrens unmöglich ist. In der Regel kommt es zur Einstellung des Strafverfahrens, wenn der jugendliche oder heranwachsende Täter geständig ist. So kann eine außergerichtliche Wiedergutmachung des Schadens bereits im Vorfeld geklärt werden.
10. Viele Eltern übernehmen im Schadensfall die Kosten für ihre Kinder. In dem Falle sollten Sie mit ihrem Kind eine Abmachung über eine spürbare Beteiligung der Kosten (Taschengeld) oder einen Ausgleich in Form von Ersatzleistungen treffen. Pädagogisch sinnvoll ist diese Abmachung nur bei einer konsequenten Einhaltung.
11. Wenn sich Ihr Kind auch weiterhin für Graffiti interessiert, erkundigen Sie sich über legale Flächen zum Sprayen. Aber seien Sie weiterhin kritisch. Erkundigen Sie sich, wo Ihr Kind sprüht.


Merkmale eines SprayersMerkmale eines Sprayers

Sprühdosen

Wer sich für Graffiti interessiert, begeht nicht zwangsläufig unerlaubte Handlungen, denn es gibt auch legale Sprayer. Woran erkennen Sie, dass sich Jugendicher für Graffiti interessieren?
1. Sprayer sind in der Regel 13 bis 22 Jahre alt
2. Besitz von Graffiti-Magazinen oder DVD
3. Besitz von Farbspraydosen
4. Besitz von Magneten, mit denen die verräterischen Geräusche der Metallkugeln in den Dosen verhindert werden (ein sicherer Hinweis für illegales Sprayen);
5. Besitz von zahlreichen Sprühköpfen (sog. Caps)
6. Besitz von Farbstiften, insbesondere mit breiten Aufsätzen
7. Besitz von Gummihandschuhe mit Farbanhaftungen
8. Kleidung mit Farbanhaftung und Farbgeruch
9. Steine, Nothämmer, Glasschneider und andere scharfkantige Gegenstände werden benutzt, um Graffiti in Glasscheiben anzubringen (sog. Scratching)
10. In Büchern (sog. Blackbooks) werden Wandbilder vor dem Sprühen skizziert. Auch werden in den Büchern Skizzen von den Stars der Szene gesammelt, ähnlich einem Autogramm.
Wenn mehrere Merkmale auf Ihr Kind zutreffen, sollten Sie ein Gespräch suchen, denn Jugendliche sollten die negativen Folgen des illegalen Sprayens kennen.

Wichtiger Hinweis: Zitate von Gesetzestexten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden nur wesentliche bzw. für diesen Zweck wesentliche Inhalte zitiert. Sie dienen nur der oberflächlichen Erklärung von Gesetzestexten, sind frei formuliert und keinesfalls dazu geeignet als rechtliche Beratung verwendet zu werden.